Echo Licht Ausgabe 4: Über den Garten

In Ausgabe vier von „Echo Licht“ begibt sich Lutz Bleidorn passend zur Jahreszeit in den Garten. Er berichtet über Holundersträucher, blaue Himmel, den Garten hinter Omas Haus, Engel und Zauberwesen sowie selbstgebastelte Mumien. Ein paar schöne Bilder werden in dieser botanischen Stunde ebenfalls besprochen.

„In der Zeit um 1990 herum erschien mir die Welt wie ein großer funkelnder Zaubergarten.

Ich hatte damals mit fünf Freunden eine Filmgesellschaft mit dem Namen „Horror Shock Pictures“ gegründet. Wir trafen uns zwei, drei Mal die Woche und fuhren bewaffnet mit Kameraausrüstung, Gespenstermasken und eiligst geschriebenen Drehbüchern ins Elsdorfer Gehege, um dort fünf- bis zehnminütige spektakuläre Streifen zu drehen. Highlights waren „Der finstere Wald des Todes“ oder „Die Kreatur aus dem Todessumpf“.
Der Radius unserer Filmtouren erstreckte sich von der Rader Insel im Osten bis hin eben ins Elsdorfer Gehege im Westen, wo wir unsere gesamten Waldszenen aufgenommen haben.
Manchmal waren unsere Fahrräder regelrecht überladen mit den Kostümen, der Filmausrüstung und mit Konstruktionen, die wir brauchten, um irgendwelche Mumien aus Tümpeln auferstehen zu lassen. Manche Außenszenen drehten wir der Einfachheit halber auch gleich bei uns im Garten.
Mit der Zeit wurden wir immer professioneller. Wir bauten eigene Kameraaufhängungen, Modelle von Burgen und Schlössern und schließlich eine ganze Hexenküche.

Was den Garten meiner Kindheit betrifft, muss ich gestehen, dass ich es diesbezüglich sehr gut hatte. Südlich unseres Grundstückes verlief die Straße in Richtung Fockbek Zentrum. Der Garten war durch eine Buchenhecke von der Straße abgetrennt. Hier hatte ich mir einen kleinen Verschlag eingerichtet, von dem aus ich mit großer Begeisterung den Portemonnaie-Trick praktizierte.
Unsere Auffahrt war recht lang und eingewachsen. Links und rechts standen Fichten, in denen ich mich oft mit meiner Totenkopf-Maske versteckte, um vorher angekündigten Verwandtenbesuch zu erschrecken. Wenn man weiter ums Haus herum ging, kam man im Norden zum Obst- und Beerengarten, der mit einer zeltartigen Netzkonstruktion überspannt war. Den hatte meine Mutter ganz liebevoll im Griff. Da wuchsen Erdbeeren, Himbeeren, schwarze, rote und weiße Johannisbeeren, Stachelbeeren. Daneben war mein Sandberg. Dann kamen die Geisterbahn, der Teich, die Fliederlaube und eine Fichtengruppe. Diese machte mir irgendwie Angst, weil die eine Fichte ein Gesicht hatte und abends immer in mein Schlafzimmerfenster reinguckte.

Und wir hatten immer eine Katze. Der einen hatte ich als Kind den Namen „Schwänzi“ verpasst. Trotz ihres unermüdlichen Einsatzes waren die Bäume und Gebüsche voller Vögel. Die liebte mein Vater besonders. Einen treuen Begleiter hatte er bei seiner Gartenarbeit. Den nannte er „Freund Rotkehl“

Wer Engel und Zauberwesen wahrnehmen kann, befindet sich in dieser Gesellschaft immer in einer kippeligen und fragilen Lage. Und doch braucht es Hoffnung, Phantasie und die Verbindung zum Wunderbaren, um große Werke zu schaffen.

Irgendwie denke ich doch, dass das, was da im Inneren des Künstlers an kleinen Wundern schlummert, völlig real ist und als Farbe und Form in das Bild einfließen kann, besonders wenn man sich beim Malen in einem Zustand des Vertrauens und Einklanges befindet.

Über Pflanzen und Bäume gibt es noch viel zu erzählen, z.B. über den Holunder, in dem laut der germanischen Mythologie die Muttergöttin Holda, Frau Holle, die Hausgöttin beheimatet ist. Man opferte ihr Geschenke und brachte diese zum Holunderstrauch. Der Holunder galt somit als Beschützer des Hauses. Man durfte ihn auf keinen Fall fällen. Das Schwarz der Früchte sowie das Weiß der Blüten symbolisierte die Verbindung vom Toten- ins Himmelsreich. Goldmarie und Pechmarie, die beiden Pole wieder.“

 

Musik

The Sundays – My finest Hour
The Black Watch – April Fools
Rose Windows – Heavenly Day
Sparklehorse – It´s a wonderful life
Martin Stephenson and the Daintees – I can see
Prefab Sprout – Don´t sing
The Delgados – Misterr Blue Sky
The Innocence Mission – Buildings in Flower
Martin Stephenson and the Daintees – Wholly Humble Heart

Bilder

Odilon Redon – Butterflies
Giovanni Segantini – Die Heuernte
Alfons Walde – Rast am Tengelstein
Brigitte Bretschneider
Séraphine Louis

Texte

Louis McNeice – The Sunlight on the Garden
Adalbert Stifter – Der Nachsommer

 

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